Die Orgel

Einleitung

Die Orgel der Kollegiumskirche Schwyz wurde 1912 durch die Firma Goll, Luzern erbaut. Sie trägt die Opuszahl 400. Die pneumatische Traktur und der Spieltisch sind noch original erhalten. Leider ging aber die Neobarockisierungswelle auch an diesem Instrument nicht vorbei. Im Jahre 1955 wurde die Orgel umgebaut und das Klangbild aufgehellt. Viele Register wurden umgebaut oder ganz entfernt. Die typischen Oktavkoppeln wurden abgehängt, die Pfeifen der oberen Oktave entfernt und der Schwellkasten des 2. Manuals wurde ebenfalls ausgebaut. Immerhin blieb aber der romantische Grundcharakter erhalten.

Von 2010 bis 2012 wurde die Orgel von der Orgelwerkstatt Christian Scheffler in Sieversdorf (D) sorgfältig restauriert und wieder in den klanglichen Ursprungszustand versetzt.

Geschichte

Nach dem verheerenden Grossbrand vom 3. April 1910 musste das gesamte Kollegium inklusive Kirche neu aufgebaut werden. Die Firma Goll aus Luzern erhielt den Auftrag für eine neue Orgel. Das spätromantische, dreimanualige Instrument mit 37 Registern, als Opus 400 im Jahre 1912 erbaut, wurde mit Taschenladen und einer rein pneumatischen Spiel- und Registertraktur versehen. Die ursprüngliche Disposition und Konzeption entsprachen der deutschen Spätromantik. Am Sonntag, 27. April 1913, fand dann in einem Gottesdienst mit Chor, Orchester und Orgel die feierliche Weihe statt.

Von Anfang an wurde die Kollegiorgel als besonders prestigeträchtiges Werk verstanden. 1915 erklärte Musikdirektor W. Krieg in einem Zeitschriftenartikel, es handle sich um «ein Kunstwerk und Denkmal schweizerischer Orgelbaukunst allererster Klasse». In der Tat scheint die Orgel sowohl für das Kollegium wie für die Orgelbauer von besonderer Bedeutung gewesen zu sein, denn die Orgel verliess die Orgelwerkstätte Goll als Jubiläumsorgel zum 75sten Firmenjubiläum. Um diesem Anlass besonderen Ausdruck zu verleihen, manipulierte die Firma im Auftragsbuch sogar die Opusnummer: Die ursprüngliche Nummer 394 wurde durch die runde Zahl 400 ersetzt, wohl um das Werk als besonders wichtig hervorzuheben. Auf dem Firmenschild im Spieltisch steht denn auch: «Goll & Cie., Orgelbaugeschäft, Luzern, Op. 400, 1912». So konnte sich das Kollegium rühmen, weit herum über die modernste, schönste und grösste Orgel zu verfügen.

Im Zuge der Orgelbewegung wurde das Instrument im Jahre 1955 umgebaut und klanglich verändert. Die Disposition sollte also dem damaligen Zeitgeschmack angepasst werden. Das Vorgehen ist aus jenen Jahren leider nur allzu bekannt: Die Streicherregister wurden als «zu romantisch» eliminiert, machten hoch liegenden Mixturen oder Aliquoten Platz oder endeten umgebaut als 4′-Prinzipale.

Spätestens mit der Umwandlung des Kollegiums in eine Kantonsschule 1972 verloren die Kirche und mit ihr die Goll-Orgel ihre Bedeutung. Obschon der Unterhalt vernachlässigt wurde, blieb das Instrument aber jederzeit spielbar.

Auf den 100. Geburtstag des wertvollen Instrumentes konnte die langersehnte Restaurierung samt Rückversetzung in den klanglichen Urzustand durchgeführt werden. Der Freundeskreis Kollegiorgel Schwyz konnte durch eine grosszügiges Legat und viele Spenden einen namhaften Beitrag an die Restaurierung leisten. Die Orgelwerkstatt Christian Scheffler aus Sieversdorf (D), spezialisiert für die Restaurierung und Rekonstruktion pneumatischer Orgeln, führte die Arbeiten aus. Am 24. Juni 2012 fand die Einweihung statt.
Würdigung

Seit einigen Jahren erscheinen wieder vermehrt die Werke unbekannter Komponisten des 19. Jahrhunderts im Repertoire vieler Organisten. Nachdem diese Musik jahrzehntelang bei Orgellehrern und Experten auf Ablehnung und Missachtung stiess, schöpfen heute wieder viele Organisten aus dem reichhaltigen und immensen Fundus jener Zeit. Im Zeitalter der Orgelbewegung mussten leider viele Orgeln, wie sie zur Interpretation jener Werke notwendig sind, sogenannten barocken Orgeln weichen. Die Intonation barocker Orgeln wird aber dem Klangideal der Romantik in keiner Weise gerecht. Bedauerlicherweise haben nur wenige «Königinnen» diese Phase überdauert.

Da man sich des historischen Wertes dieser Orgeln heutzutage bewusst ist, kann die Wertschätzung unserer Kollegiorgel nicht hoch genug ausfallen, ist sie doch nebst der Orgel in der reformierten Kirche in Flawil/SG und derjenigen in der Englischen Kirche in Luzern (unspielbar) die letzte III-manualige Goll-Orgel jener Schaffensperiode.

Zudem befindet sie sich noch in einem Raum, dessen wunderbare Akustik schon 1912 nur höchstes Lob erhielt, und mit welchem die Orgel auch optisch eine äusserst gelungene Einheit bildet.

Die Orgel ist heute ein nationales Orgelbaudenkmal, ist sie doch eine der letzten erhaltenen grossen dreimanualigen Gollorgeln aus der Spätromantik.



Disposition
1. Manual
Bourdon 16‘
Prinzipal 8‘
Bourdon 8‘
Gambe 8‘
Flauto amabile 8‘
Oktave 4‘
Rohrflöte 4‘
Cornett 8‘
Mixtur 5 1/3‘
Oktav 2’
Trompete 8‘
2. Manual schwellbar
Lieblich Gedackt 16‘
Geigenprinzipal 8‘
Salicional 8‘
Conzertflöte 8‘
Lieblich Gedackt 8‘
Dolce 8‘
Traversflöte 4‘
Harmonia aetherea 2 2/3‘
Trompete 8‘
Clarinette 8‘
Tremolo
3. Manual Schwellwerk
Rohrflöte 16′
Hornprinzipal 8′
Viola d’Orchestre 8′
Flûte harmonique 8′
Quintatön 8′
Lieblich Gedackt 8′
Aeoline 8′
Voix céleste 8′
Flauto amabile 4′
Piccolo 2′
Oboe 8′
Tremolo
Pedal
Prinzipalbass 16′
Subbass 16′
Echobass 16′
Oktavbass 8′
Violoncello 8′
Dolcebass 8′
Posaune 16′
Normalkoppeln
II – I I – P
III – I II – P
III – II III – P
Oktavkoppeln
Superoktavkoppel III
Suboktavkoppel III
Superoktavkoppel III – II
Suboktavkoppel III – II
Superoktavkoppel II
Superoktavkoppel III – I
Suboktavkoppel III – I
Superoktavkoppel II – I
Suboktavkoppel II – I
Superoktavkoppel II – P
Melodiekoppel I – II
Normalkoppeln
Generalkoppel
3 freie Kombinationen
Feste Kombinationen
P MF F FF TT Grd Jeu
Prinzipalchor
Flötenchor
Gambenchor
Trompetenchor
automatisches Pedal

Berichte

Die Interpreten haben an einem oder mehreren Konzerten mitgewirkt.

Am 19. Oktober 2010 begann die Restaurierung der Kollegiorgel

Die historische Goll-Orgel im Kollegium Schwyz und ihre Mixtur

Die Goll-Orgel von 1912 in der Kollegiumskirche Schwyz – Der vorliegende Aufsatz ist eine deutschsprachige, gekürzte Fassung eines in der «Tribune de l’Orgue» Nr. 2/2006 erschienenen, reich illustrierten Artikels des Verfassers.

Während des Umbaus 1955 wurden an der Orgel tiefgreifende, klangliche Veränderungen vorgenommen.

Über Walter Drechsler, den Hauptintonateur von 1912/13.

«Vaterland» 29./30.04.1913: Die neue Orgel im Kollegium Maria Hilf in Schwyz/Orgelweihe im Kollegium Maria-Hilf in Schwyz

Die neue Orgel des Kollegiums «Maria Hilf» in Schwyz – Bericht anlässlich der Einweihung der Orgel im Jahre 1913.

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